Eltville braucht einen Flächennutzungsplan

Anlässlich der Stadtverordnetenversammlung am 16. September verteilte Bürgermeister Patrick Kunkel eine Mitteilungsvorlage, in der er aufzeigte wie die Stadt Eltville auf privilegiertes Bauen im Außenbereich Einfluss nehmen kann: „Die Möglichkeiten einer Bebauung werden in der Regel über Flächennutzungs- und Bebauungspläne gesteuert.“ Diese Stellungnahme ist das Ergebnis eines Meinungsaustauschs mit dem Regierungspräsidium Darmstadt.

Jahrelang hatte Bürgermeister Kunkel – wie auch seine Amtskollegen im Rheingau – die falsche Position vertreten, dass die Kommunen allen Bauvorhaben von Winzern im Außenbereich ihr Einvernehmen erteilen müssen, wenn nur die Erschließung gesichert sei. Dieses kommunale Einvernehmen könne auch dann nicht versagt werden, wenn der Magistrat oder andere städtische Gremien davon überzeugt seien, dass ein Aussiedlungsprojekt der Rheingauer Kulturlandschaft großen Schaden zufügt, wie beispielsweise die von den Hessischen Staatsweingüter im Rauenthaler Berg konzipierte Stahlhalle.

Anstatt sich weiterhin damit abzufinden auch nicht gewollte Bauten in den Weinbergen “durchzuwinken”, macht Bürgermeister Kunkel jetzt deutlich, dass es die Stadt letztlich selbst in der Hand hat, diesen höchst unbefriedigenden Zustand des Ausgeliefertseins zu beenden. Flächennutzungs- und Bebauungspläne sind geeignete Mittel. Sie sichern der Stadt ein Mitbestimmungsrecht über das sie bisher nicht verfügt. Insofern stellt die Aussage von Bürgermeister Kunkel einen Paradigmenwechsel dar.

Einen ersten kleinen Schritt in diese Richtung hat die Stadt Eltville unternommen als sie “Am Stockborn” Vorratsflächen für den Neubau von Winzerhallen auswies. Diese Maßnahme ist aber längst nicht ausreichend. Zwar ist denkbar, dass einige Winzer dort ihre Gerätehalle bauen werden, allerdings ist davon auszugehen, dass die Mehrzahl der Winzer ihre Hallen an anderer Stelle errichten werden. Und es wäre völlig realitätsfern zu erwarten, dass aussiedlungswillige Winzer ihr neues Wohnhaus – eventuell noch mit Altenteil und Ferienwohnungen – künftig auf der zwischen Sülzbachtalbrücke, Hundeübungsplatz und Schwalbacher Straße gelegene Fläche bauen werden. Dahingehend hatte sich auch Christian Gebhardt anlässlich der Fertigstellung seines eigenen Weingutes im Eltviller Sonnenberg geäußert. Er ist davon überzeugt, aussiedlungswillige Winzer gingen „dahin, wo es attraktiv sei und nicht unter die Autobahnbrücke“.

Daher ist es erforderlich, dass die Stadt Eltville endlich die Voraussetzungen dafür schafft, dass sie bei künftigen Bauvorhaben in den Weinbergen als Gestalter auftreten kann und nicht alle Aussiedlungsprojekte – und seien sie noch so landschaftszerstörend – einfach so geschehen lassen muss. Zahlreiche Beispiele belegen, dass Flächennutzungs- und Bebauungspläne geeignete Mittel sind, um die Interessen der Stadt und ihrer Bürger zu wahren.

Insofern ist es geradezu paradox, wenn Bürgermeister Kunkel nun en passant erwähnt, dass er beabsichtige, das angelaufene Verfahren zur Aufstellung eines neuen Flächennutzungsplans nicht weiterzuführen, nachdem er noch im August und September dieses Jahres dem Magistrat, dem Ausschuss für Stadtentwicklung als auch der Stadtverordnetenversammlung eine Mitteilungsvorlage präsentiert hatte, in der das Regierungspräsidium den Nutzen eines solchen Steuerungsinstrumentes verdeutlichte. Aber ganz offensichtlich scheut Bürgermeister Kunkel die Auseinandersetzung mit den Bürgern und verzichtet so auf eines der wichtigsten Instrumente der Stadtentwicklung. Er gibt das Steuer aus der Hand und lässt die Geschicke der Stadt – wie in den zurückliegenden Jahren – von den Interessen einzelner Investoren leiten. Dafür wurde er nicht gewählt ! s.a. WK (19.11.19)