Eltviller Stadtparlament weist Vorlage der Stadtverwaltung zurück / Grüne fordern Akteneinsichtsausschuss
Von Oliver Koch
ELTVILLE . Geht es um das Areal zwischen Villa Elvers und der Residenz Rheingauer Tor, spielen sich im Eltviller Stadtparlament mitunter Szenen wie bei der Echternacher Springprozession ab: zwei Schritte vor, einer zurück. Seit Jahren ist eine Bebauung des Grundstücks Thema, ohne dass man so recht vorankam. Wie berichtet, will der Eigentümer Osama Abu Hassan hier ein Literaturhotel oder lieber noch ein Schlaflabor mit Arztpraxen und Wohnungen errichten.
Die Stadt strebt einen neuen Bebauungsplan (B-Plan) an, um eine „städtebaulich verträgliche Neubebauung“ zu sichern. Der Plan soll auch für die Grundstücke der benachbarten Villa Marix gelten. Eine Vorlage für die Dezembersitzung der Stadtverordneten hatte Bürgermeister Patrick Kunkel (CDU) zurückgezogen: Darin war für das 2300 Quadratmeter große Areal neben der Villa Elvers eine Begrenzung der Gebäudegrundfläche auf 550 Quadratmeter vorgesehen. Die Zahl der Vollgeschosse sollte sich an den benachbarten Villen orientieren. Im Ausnahmefall wäre ein Geschoss mehr möglich gewesen. Der Passus fehlte im B-Plan-Entwurf, mit dem sich das Parlament jüngst befasste.
Außerdem war in der neuen Vorlage der Grundstücksanteil, der überbaut werden darf, auf 20 Prozent begrenzt. Mit der geringen Bebauung sei gewährleistet, dass der historische Villencharakter mit parkähnlicher Gestaltung der Gärten erhalten bleibe.
Teils hitzige Debatte im Stadtparlament
Die CDU hielt die Vorlage laut Alexander Koziol für zustimmungsfähig, wenn weitere Änderungen kommen: So beantragte die Union, ein Drittel der Vollgeschosse für nicht-störendes Gewerbe vorzusehen. Es gebe den Wunsch, die Fläche freizuhalten, was nicht möglich sei – da sei die vorgeschlagene Lösung ein verträglicher Kompromiss.
An Don Quijote und dessen Kampf gegen Windmühlen fühlte sich Rainer Scholl (FDP) erinnert: Mit jeder Runde, die das Thema drehe, gebe es weitere Einschränkungen für Hassan, der sich auf einen Bebauungsplan stützen könne. „Wir machen hier Bauverhinderungsplanung“, monierte Scholl und mutmaßte, dass offenbar „Einzelinteressen aus der Nachbarschaft“ dahintersteckten. Angesichts der Forderung nach nicht-störendem Gewerbe verwies er auf die nahe Bahnlinie und eine Kneipe in der Nähe. „Das ist auch völlig geräuschlos“, meinte er süffisant.
Koziol erwiderte, dass ein früherer vorhabenbezogener B-Plan nicht mehr gültig sei. Warum habe das Parlament dann eine Veränderungssperre erlassen, konterte Scholl. Von einem unvereinbaren Stilbruch, in den schmalen Parkabschnitt in Nähe der Villen einen immer noch sperrigen Wohn- und Gewerbeklotz hineinzupressen, sprach Klaus Opitz (FEB). Kritik übte er daran, dass ein mehr als 160 Jahre alter Baum nicht vom B-Plan erfasst sei – seine Ankündigung, sich bei Umsetzung des Projekts „mit meinem Körper schützend vor diese Kastanie zu stellen“, sorgte für Heiterkeit. Bäume ab 60 Zentimetern Stammumfang stünden laut dem Entwurf unter Schutz, so Ingo Schon (CDU).
Schweres Geschütz fuhr Guntram Althoff (Grüne) auf. Eventuell spielten Partikularinteressen von Personen, die gerade nicht im Stadtparlament anwesend seien, eine größere Rolle als das geltende Recht, mutmaßte er. Da es seines Wissens an die Kreisverwaltung einen Fingerzeig gegeben habe, Hassans Bauantrag nicht vor einer später beschlossenen Veränderungssperre zu bearbeiten, forderte er einen Akteneinsichtsausschuss. Dessen Einsetzung gilt als Formsache, muss aber auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung.
Matthias Hannes (SPD) erinnerte daran, dass der vorhabenbezogene B-Plan Hassan mehr erlaubt hätte und auch der Denkmalschutz dessen Pläne abgesegnet habe. Hassan habe signalisiert, das Volumen um 20 Prozent zu reduzieren. „Das hätte gepasst“, so Hannes, der nicht verstand, warum die Planung in der neuen Vorlage noch kleiner ausfalle. Eventuell setze Hassan vor Gericht später mehr durch, warnte Hannes. „Nachvollziehbar und nicht aus der hohlen Hand gezaubert“ nannte Koziol in der teils hitzig geführten Debatte die B-Plan-Ziele. Althoff unterstellte er einen „Hang zur Skandalisierung“.
Scholl beantragte, den Entwurf abzulehnen und den Magistrat zu beauftragen, einen neuen B-Plan vorzulegen: in den Abmaßen jener Vorlage, mit denen der Investor leben könne. Da wegen möglichen Widerstreits der Interessen zwei CDU-Stadtverordnete vor der Tür waren, wurde der Antrag mit den Stimmen von SPD, FDP und Grünen knapp angenommen. Damit waren auch die Änderungsanträge von CDU und FEB hinfällig.
Hassan erwähnte auf Anfrage mehrere Gespräche mit der Stadtverwaltung. Man sei sich in vielem einig gewesen, doch am Ende sei eine völlig andere Planung herausgekommen. Eine Reduzierung der Ursprungsplanung um 25 Prozent sei aus seiner Sicht vertretbar gewesen. Dass die Verwaltung aber abermals um 25 Prozent reduziert habe, mache das Projekt unwirtschaftlich und sei ohne Rücksprache „ein Unding“. Wie er berichtete, läuft eine Klage gegen die Veränderungssperre.