Mitteilungsvorlage der Stadt Eltville zur STVV am 16. September 2019(PDF)

Ausweisung eines Landschaftsschutzgebietes
“Nach Rücksprache mit dem Regierungspräsidium Darmstadt – als für eine etwaige Verordnung zu-ständige Behörde – hätte ein entsprechender Antrag keine Aussicht auf Erfolg. Das RP verwies unter anderem auf die 2017 abgelehnte Initiative auf Ausweisung eines LSG für den Bereich “Sonnenberg”, die vom „Verein zur Erhaltung des Eltviller Stadtbildes und der Rheinuferlandschaft e.V.“ geführt wurde. Im ablehnenden Schreiben führt das RP aus:
“Der […] angesprochene Bereich “Sonnenberg” ist kulturhistorisch zwar bedeutend, allerdings besitzt er kein Alleinstellungsmerkmal für den Rheingau. Sowohl das Landschaftsbild im Bereich der Stadt Eltville am Rhein als auch der Sonnenberg dürfen nicht für sich alleine betrachtet werden. Die landschaftlich schönen Hanglagen und Weinberge sind im gesamten Mittelrheintal zu finden. Demzufolge müsste die Unterschutzstellung einer größeren Region als Landschaftsschutzgebiet geprüft werden.
Eine vergleichbare Situation bestand bis zum Jahr 2008. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es ein großflächiges Landschaftsschutzgebiet “Rhein-Taunus”. Im Zuge des vom Hessischen Landtag beschlos-senen Verzichts auf fünfzehn großflächige Landschaftsschutzgebiete wurde auch dieses Gebiet aufgehoben. Dazu wurde ausgeführt, dass angesichts der inzwischen etablierten naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung, des gesetzlichen Biotopschutzes und des europäischen Naturschutzrechtes ausreichende gesetzliche Vorschriften vorlägen, so dass es vertretbar sei, die großflächigen Schutzgebiete aufzuheben. […]
Die Möglichkeiten einer Bebauung werden in der Regel über Flächennutzungs- und Bebauungspläne gesteuert. Im Rahmen der Aufstellung dieser Pläne, aber auch bei sogenannten privilegierten Außenbereichsvorhaben wie Aussiedlerhöfen […] werden die o.a. naturschutzrechtlichen Belange geprüft und können im Einzelfall auch zur Ablehnung eines problematischen Vorhabens führen.“

Der Stadtbildverein führt aus:

“aus der oben genannten Drucksache geht hervor, dass die StVV am 18.02.2019 den Magistrat beauftragt hat zu prüfen, welche Auswirkungen die Einrichtung eines Landschaftsschutzgebietes (LSG) für Eltville hat und welche Schritte hierfür erforderlich sind.

Eine Rücksprache mit dem zuständigen Regierungspräsidium Darmstadt (RP) habe ergeben, dass ein solches Vorhaben keine Aussicht auf Erfolg habe.

Die vom RP verbreitete Einschätzung ist unzutreffend, denn dann hätte der RP ja auch ein Landschaftsschutzgebiet für den Bereich der benachbarten Landeshauptstadt Wiesbaden ablehnen müssen. So ist es ebenso unzutreffend, dass mit einem Landschaftsschutzgebiet keine Aussiedlungsvorhaben verhindert werden könnten. Es kommt ganz entscheidend darauf an, welchen Inhalt die Verordnung erhält, mit dem ein Gebiet unter Schutz gestellt wird. Der Landkreis Südliche Weinstraße hat ja vorgemacht, dass es geht.

Nach Aussage des Wiesbadener Umweltdezernenten Andreas Kowol anlässlich unseres Symposiums zum Bauen im Außenbereich hat die Stadt Wiesbaden dieses Instrument gerade eingeführt, um eine Zersiedelung der Kulturlandschaft im Umfeld der Bebauung nach § 35 BauGB zu verhindern. Es käme allein auf den politischen Willen an: „Einstimmig haben alle Gremien in Wiesbaden für die Wiedereinführung eines LSG gestimmt, aufgrund dieser Einstimmigkeit musste der RP diesem zustimmen.“
Auch andere Kommunen haben immer wieder auf diese Möglichkeit zurückgegriffen, um ihren Außenbereich zu schützen.
Wenn es in der Beschlussvorlage heißt: „Hervorzuheben ist, dass auch durch ein LSG kein Außenbereichsvorhaben verhindert werden könnte. „dann ist dieser Satz schädlich, weil damit suggeriert wird, dass es ohnehin keinen Zweck hat, sich um die Ausweisung eines LSG zu bemühen.

Geradezu demontierend wirkt, dass Vertreter des RP und der Hessischen Landgesellschaft mbH (HLG) im Rahmen eines Seminars an der Hochschule Geisenheim am 14.08.2019 unter dem Oberbegriff „Bauen für Winzer“ sich vehement gegen jede Beschränkung des Aussiedelns ausgesprochen haben, auch gegen Landschaftsschutzgebiete, die dies erschweren würden.

Es besteht aus unserer Sicht daher ein Interessenkonflikt bei der HLG, die finanziell davon profitiert, wenn sie Winzer bei Baumaßnahmen auch im Außenbereich „begleiten“, so dass von einer neutralen Betrachtung keine Rede sein kann.

Durchleuchtet man die Rechtsprechung und Literatur wird dort von einem Abwägungsgebot gesprochen, mit der öffentliche Interessen und private Belange gegeneinander abgewogen werden müssen. Ein Landschaftsschutzgebiet hat dabei einen besonderen Stellenwert.

§ 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB nennt auch verschiedene Aspekte des Natur- und Landschaftsschutzes, den Denkmalschutz sowie das Orts- und Landschaftsbild als öffentliche Belange.
Eine Verletzung der natürlichen Eigenart der Landschaft ist nicht nur bei einer der betroffenen Landschaft wesensfremden Bebauung, sondern auch dann gegeben, wenn das Vorhaben einem schutzwürdigen Landschaftsbild in ästhetischer Hinsicht grob unangemessen ist.
Eine Verunstaltung des Orts- und Landschaftsbildes  ist anzunehmen, wenn der für ästhetische Eindrücke offene Betrachter den Gegensatz zwischen dem Vorhaben und dem vorhandenen Orts- und Landschaftsbild als belastend und Unlust erregend empfindet.

Wenn es der Stadtverordnetenversammlung ernst ist mit der Erhaltung unserer Kulturlandschaft, dann sollten Sie es nicht bei der Stellungnahme der Verwaltung (und des RP) belassen, sondern selbst Verantwortung übernehmen und innerhalb unserer Stadtgrenzen besondere Bereiche benennen, die der Unterschutzstellung bedürfen. Dabei können wir der Verwaltung Hilfe leisten.

Anderenfalls werden durch die Flurbereinigung weitere Flächen geschaffen, die der Zersiedelung unserer Landschaft harren.

Das sagt der Kurier: https://www.vrm-epaper.de/articlecut/153822/a38/2019-10-10_Wiesbadener_Kurier_Rheingau-Kurier_.pdf