Nach monatelangen Beratungen hat sich der Magistrat der Stadt Eltville für das Konzept der Firma Jökel Bau entschieden. Wir vom Stadtbildverein können diese Entscheidung nicht nachvollziehen; denn in unseren Augen handelt es sich um ein schlechtes Konzept, das erhebliche städtebauliche Mängel und Defizite aufweist. Wir sind daher der Überzeugung, dass das Angebot von Jökel Bau nicht den Zuschlag erhalten darf.
Wir lehnen das Jökel-Konzept ab, weil es vorsieht, dass auf der gesamten Strecke, an der sich Rheingauhallen-Gelände und MM-Platz berühren, eine künstliche Barriere errichtet wird, bestehend aus Parkplätzen, Tiefgaragenein- und –ausfahrt sowie Zufahrtsstraße für Anlieferverkehr und Einkäufer. Es ist exakt das Gegenteil dessen, was seitens der Stadtverwaltung seit Monaten als oberstes städtebauliches Ziel propagiert wird, nämlich eine großzügige Öffnung des Rheingauhallen-Geländes zum MM-Platz hin, verbunden mit einer sicheren fußläufigen Verbindung insbesondere für Senioren – schließlich sollen in dem neuen Gebäudekomplex vorzugsweise Wohnungen für alte Menschen entstehen. Sowohl der Weg zum Rhein, wie auch der Zugang zur Altstadt mit ihren Geschäften und Lokalen führen über den MM-Platz, dem somit eine städte-bauliche Schlüsselrolle zufällt.
Unser Verein lehnt die Jökel-Planung entschieden ab, die sich vorrangig am Forderungskatalog einer Drogeriemarktkette orientiert und nicht an den Erfordernissen eines zukunftsweisenden Städtebaus. An der Schnittstelle von Rheingauhallen-Gelände und MM-Platz wird ein städtischer Platz benötigt und kein Drogeriemarkt-Parkplatz. Die Grünen-Stadtverordnete Monika Fiala hat dies sehr genau erkannt. Auch für sie ist die Qualität einer fußläufigen Verbindung zum MM-Platz das ausschlaggebende Kriterium. Anlässlich der Bürgerversammlung am 19. November stellte sie mit wenigen aber sehr prägnanten Worten klar, dass sie das Konzept der Firma ad novum favorisiert, da es den besten Zugang vom MM-Platz zum Stadtpark aufweist.
Den schlechtesten Zugang bietet das Konzept der Firma Jökel Bau. Wer die Barriere aus Parkplätzen und Zufahrtsstraße überwunden hat, muss sich zwischen dem Lift und der „Spanischen Treppe“ entscheiden, um weiter voranzukommen. Im Gegensatz zu den anderen Konzepten gibt es bei Jökel Bau ansonsten nämlich keinen Zugang nach oben, insbesondere auch keinen, der für Senioren oder Behinderte geeignet wäre. Beim Bauamt haben wir erfahren, dass die Mietergemeinschaft die Unterhaltungs- und Reparaturkosten für den öffentlichen Lift tragen soll. Und wenn sich die Mehrheit der Mieter nun weigert, diese Kosten dauerhaft zu übernehmen, wird der Lift dann stillgelegt? Oder übernimmt der Eltviller Steuerzahler die Kosten für den Betrieb des Liftes, damit die Senioren zum Rhein kommen?
Die gleiche Problematik besteht auch im Hinblick auf die Unterhaltungskosten für die umfangreichen Wasserspiele, bestehend aus Wasserfall, Springbrunnen und weit über einhundert Metern langen künstlichen Wasserläufen. Es ist doch illusorisch davon aus-zugehen, dass diese Kosten von der Mietergemeinschaft übernommen werden. Am Kiliansring wurde die Idee eines offenen Gerinnes von wenigen Metern Länge sofort von der Stadtverordnetenversammlung verworfen, da die Unterhaltungskosten dafür zu hoch seien. Warum spielen solche Fragen bei der Entscheidung des Magistrats für das Konzept der Firma Jökel Bau keine Rolle mehr, obwohl sich die finanzielle Situation der Stadt Eltville in den letzten Jahren dramatisch verschlechtert hat?
Es ist festzustellen, dass alle städtebaulichen Probleme und finanziellen Belastungen daher rühren, dass die Stadt Eltville die Ausschreibungsbedingungen nachträglich in einem wesentlichen Punkt verändert hat, was nach unserer Überzeugung eigentlich gar nicht zulässig ist. Bei der Ausschreibung im März 2012 wurden von den Stadtverordneten die städtebaulichen Ziele wie folgt festgelegt (Punkt 4.1): „Bei der Schaffung von Einzelhandelsflächen wird allerdings vorausgesetzt, dass diese lediglich auf die Ansiedlung von Betrieben mit kleineren Ladengeschäften ausgelegt sind(…)“, um „das im Stadtkern vorhandene Angebot“ zu ergänzen. Und nun sortiert der Magistrat alle Angebote aus, die keinen 800 qm großen Markt beinhalten. Das ist reine Willkür und ein Vertrauensbruch gegenüber allen anderen Anbietern.
Nichts ist übrig geblieben von den qualifizierten städtebaulichen Forderungen der Hessenagentur nach einem ansprechenden „Entree“ zur Altstadt, denen auch die Stadtverordnetenversammlung mit breiter Mehrheit zugestimmt hat. Wie zu befürchten unterwirft sich die Stadt Eltville in letzter Minute wieder einmal den Forderungen von Investoren und Marktbetreibern. Diese verlangen beispielsweise neben einer Zufahrt mit Parkplatz zusätzlich eine für jedermann zugängliche Tiefgarage, da die 16 oberirdischen Parkplätze für einen 800 qm großen Drogeriemarkt natürlich nicht aus-reichen. Damit ist absehbar, dass die Entscheidung des Magistrats für das Jökel-Konzept einer weiteren Anonymisierung des Bereichs Kiliansring, REWE-Parkhaus und Stadtpark Vorschub leistet, die zu einer zunehmenden Verwahrlosung und Kriminalisierung führen wird. Statt eine Architektur zu fördern, die darauf abzielt, in diesem Bereich städtebauliche Fehler zu korrigieren und ein Umfeld zu schaffen, das Kriminalität und Verslumung eindämmt, verwirft der Magistrat alle guten Vorsätze, um dem Betreiber des Drogeriemarktes optimale Vermarktungsbedingungen zu bieten.
Wie die Hessenagentur und die Stadtverordnetenversammlung sind auch wir der Überzeugung, dass auf dem Rheingauhallen-Gelände nur „kleinere Ladengeschäfte“ angesiedelt werden sollten. Ein 800 qm großer Drogeriemarkt hat dort nichts verloren. Ein solcher gehört auf das Dach des REWE-Marktes, wo alle Voraussetzungen bereits vorliegen. Zur Erinnerung: Dort sollte einmal das Eltviller Rathaus gebaut werden. Es gibt dort genügend Parkplätze und eine gute Verkehrsanbindung. Und der überflüssige Verkehr zwischen Drogeriemarkt und REWE bleibt den Eltvillern erspart.
Eltville, 04.12.2012