In seiner Sitzung am 13. Dezember stimmte der Ortsbeirat der Eltviller Kernstadt ein-stimmig für eine Verschiebung des Tagesordnungspunktes 3 „Gelände der ehemaligen Rheingauhalle; Verkaufsentscheidung, Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes“. Die Sitzungsteilnehmer waren einvernehmlich der Meinung, dass es im Hinblick auf dieses für die Stadt äußerst wichtigen Projektes noch zu viele offene Fragen gibt, die noch ausführlich zu diskutieren sind. Der Ortsbeirat ist neben dem Stadtentwicklungsausschuss somit das zweite städtische Gremium, das eine Beschlussfassung über die Bebauung des Rheingauhallen-Geländes vertagt hat.
Obwohl es nicht zu einer Beschlussfassung kam, erbrachten insbesondere die Ausführungen von Bürgermeister Kunkel einige neue, hoch interessante und – wie wir finden – äußerst brisante Erkenntnisse zu diesem Thema. So teilte er in der Bürgerfrage-stunde, die unmittelbar vor der Sitzung des Ortsbeirats stattfand, auf Nachfrage unseres Vereins mit, dass unter den zehn eingereichten Angeboten nur eines ist, das einen 800 qm großen Drogeriemarkt eingeplant hat, nämlich das der Firma Jökel bau. Somit war der Zuschlag des Magistrats für das Jökel-Bau-Konzept nur eine Formsache, da Jökel Bau praktisch ohne Konkurrent war. Neun Anbieter hatten ausschreibungskonform ihre Konzepte nur „auf die Ansiedlung von Betrieben mit kleineren Ladengeschäften ausgelegt“ (Punkt 4.1 des offiziellen Ausschreibungstextes der Stadt Eltville).
Wir fragten nach, wie es möglich sein kann, dass ausgerechnet ein Bauunternehmen aus Schlüchtern als einziger Anbieter die Kriterien für eine Auftragsvergabe erfüllt, während alle anderen Firmen von einer Auftragsvergabe ausgeschlossen wurden, da sie in ihren Konzepten keinen 800 qm großen Drogeriemarkt eingeplant haben. Wir wiesen darauf hin, dies sei umso verwunderlicher, da sich unter den abgewiesenen Anbietern so renommierte Eltviller, bzw. Rheingauer Architekturbüros befänden wie AD novum und SMP, für die es eine Selbstverständlichkeit sei ausschreibungskonforme Angebote abzugeben.
Daraufhin teilte Bürgermeister Kunkel mit, dass alle Anbieter von der Stadtverwaltung rechtzeitig vor dem Submissionstermin offiziell über die veränderten Vergabekriterien informiert wurden und zwar dahingehend, dass nur ein Unternehmen den Zuschlag erhalten wird, das in seinem Konzept einen 800 qm großen Drogeriemarkt einplant.
Wir haben diese Aussage zum Anlass genommen bei mehreren Firmen nachzufragen, die an der Ausschreibung teilgenommen haben, ob und wann sie von der Stadt Eltville offiziell über die veränderten Ausschreibungsbedingungen unterrichtet wurden und haben zu unserer großen Verwunderung erfahren, dass eine solche Unterrichtung – wie von Bürgermeister Kunkel dargestellt – niemals stattgefunden hat.
In diesem Zusammenhang sind wir auch sehr erstaunt darüber, mit welcher Leichtfertigkeit sich der Magistrat der Stadt Eltville über Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung hinwegsetzt. Hierzu ist er nämlich überhaupt nicht befugt! Am 26. März dieses Jahres hatte das Stadtparlament mit großer Mehrheit die Ausschreibungsbedingungen verabschiedet, die den oben bereits angesprochenen Punkt 4.1 enthielten: „(…) Bei der Schaffung von Einzelhandelsflächen wird allerdings voraus-gesetzt, dass diese lediglich auf die Ansiedlung von Betrieben mit kleineren Ladengeschäften ausgelegt sind. (…)“ Genauso hatte es die von der Stadt Eltville beauftragte Hessenagentur vorgeschlagen.
Wir sind enttäuscht vom Agieren der Bürgerliste und der Eltviller Gewerbetreibenden, die – ungeachtet der offenen Fragen – eine Zustimmung des Stadtparlamentes zum Jökel-Konzept im Schweinsgalopp erzwingen wollen. Da sie befürchten, dass ihnen durch kleinere Ladengeschäfte auf dem Rheingauhallen-Gelände eine Konkurrenz erwächst, setzen sie sich vehement für eine Entscheidung zugunsten des Jökel-Konzeptes ein, das neben dem Drogeriemarkt keine Einzelhandelsgeschäfte vorsieht. Die Angst vor einer möglichen Konkurrenz macht sie blind für städtebauliche Betrachtungen. Warum haben sie Ihre Bedenken nicht geäußert als die Ausschreibungsbedingungen diskutiert und festgelegt wurden? Die Bürgerliste sitzt schließlich in allen wichtigen Gremien der Stadt. Wir vom Stadtbildverein sind – wie Hessenagentur und Stadtverordnetenversammlung – der festen Überzeugung, dass die Ansiedlung weiterer Einzelhandelsgeschäfte die Attraktivität unserer schönen Stadt steigert und somit für alle Eltviller – insbesondere auch für die bestehenden Geschäfte – von Vorteil ist.